Im nachfolgenden Bericht, der in sehr ähnlicher Form im 26. Jahrgang der Jurahaus-Zeitschrift 2020/2021 abgedruckt war, erfahren Sie viele Anekdoten und Details zur Renovierung zwischen 2011 und 2019.

Viel Spaß beim Lesen (Lesezeit ca. 8 Minuten)


8 Jahre Familienabenteuer

Es ist Januar 2020, vor genau 15 Jahren, es war zwischen Neujahr und Dreikönig, nahm ich meine Kinder Matthias und Sofia, damals sechs und drei Jahre, mit zum Gärtner, um eine Strauß Rosen zu kaufen. Anlässe für Rosen gibt es oft, doch diesmal war er doch sehr speziell, nämlich die Anzeige in der Tageszeitung, dass in Hofstetten ein „Baugrundstück mit kleinem Anwesen“ zu verkaufen wäre und laut Text der örtlichen Sparkasse es „ideal für Bauträger“ sei.

Als gebürtiger Hofstetter kenne ich das kleine Anwesen schon immer, war aber bisher nie im Haus. Mit dem Strauß Rosen habe ich, unterstützt durch meine Kinder, meine Frau Sabina überzeugen können, direkt bei einer der mir bekannten Eigentümerinnen anzurufen und einen Besichtigungstermin zu vereinbaren…. Wenn nicht jetzt zugreifen, wann dann? … Ein Bauträger würde alles platt machen.

Die Besichtigung fand dann kurz drauf am 14.01.2005 statt. Das Haus stand seit September 2004 leer und war besenrein. Gleich beim Betreten des Hauses erkannten wir im Hausgang anhand der Putzrisse ein darunter liegendes Fachwerk. Der deutsche Kamin und auch das Rußkuchlgewölbe waren noch vorhanden, da der Raum seit der vorletzten Umbauphase zu Beginn der 50er-Jahre nur als Räucherkammer und Kamin genutzt wurde. Das Haus selbst entsprach dem Standard von 1973, dem Zeitpunkt der letzten Modernisierung. Damals wurde das Legschieferdach abgeräumt und durch ein Ziegeldach mit Dachschalung ersetzt. Das Badezimmer mit Elektroboiler stammte aus dieser Zeit, sogar in der Küche gab es fließend Warmwasser. Ein stark verformter außenliegender Gewölbekeller, zugänglich nur vom Haus aus, hatte noch die Kalkplatteneindeckung.

Auf dem ersten Blick schien es wohl ein „übersehenes“ Baudenkmal zu sein. Uns war eine mögliche Denkmalwürdigkeit ein wichtiges Kaufargument neben dem großen Grundstück von etwa einem halben Tagwerk und auch dem großen Stadel, der dicht am Haus steht.

Nach knapp zwei Wochen Bedenkzeit unterschrieben Sabina und ich einen handschriftlichen Vorvertrag. Im April 2005 erhielten wir bereits den Schlüssel, Notartermin war am 25.August. Noch im Herbst ergab das Ergebnis der dendrochronologischen Untersuchung von drei Bohrkernen das Baujahr 1745/1746.

Die nächsten drei Jahre waren relativ ruhig. Wir hatten das Grundstück an eine Eichstätter Familie als Wochenendgrundstück vergeben, mein Vater und mein Zwillingsbruder nutzten den Garten zum Brennholzmachen.

Im April 2008 dann der Vorstoß bezüglich Nachtrags in die Denkmalliste. Ortstermin mit Dr. Schaul vom Bayrischen Landesamtes für Denkmalpflege war im Juni und schon Mitte August kam der positive Bescheid. So schnell kann es gehen, wenn alle das gleiche Ziel haben. Der Bengel ist seitdem ein Baudenkmal.

2008 - Ausgangszustand
2008 - Ausgangszustand
2008 - Ausgangszustand

Über dem Winter 2009/2010 ist der Bengel im Rahmen einer Masterarbeit meiner Schwester Walburga im Studiengang Denkmalpflege näher untersucht worden. Sie erforschte auch die bisherigen Eigentümer. Wir sind die vierte Eigentümerfamilie. Der Bengel wechselte nach seiner Erbauung 1746 vermutlich nach 62 Jahren 1808 zum ersten Mal in eine andere Familie, nämlich von den Bengls (beachte Schreibweise) zu den Bibergers. Dann wurde jeweils im Abstand von einhundert Jahren wiederum eine andere Familie Eigentümerin des Anwesens. Von 1905/1907 an war es Familie Meyer und seit 2005 sind es meine Frau und ich (siehe hierzu auch Jurahausheft Nr. 19 von 2013/2014, Seite 71 -75).

2008 - ehemalige Essküche, jetzt Bad, das Fenster fand im Carport einen neue Verwendung
2008 - Kaminzimmer mit schräg eingebauter Tür im Urzustand
2008 - ehemalige Essküche, jetzt Bad, in der Ecke ist jetzt die Badewanne
2008 - Gang im Erdgeschoß mit Stubentür (links) und Rußkuchltür (Mitte)


2008 - ehemaliges Bad, jetzt Bereich der Frühstücksecke in der Küche
2008 - Ausgangszustand Kellerabgang


2011: unverhoffte Widerstände und Unfall beim Rückbau

Enttäuschend verlief der Termin zur Abstimmung der Umbau- bzw. Rückbaumaßnahmen mit unserem damaligen Gebietsreferenten im Juni 2011. Dieser wollte die vergrößerten Fensteröffnungen der Stube und an der Nordseite nicht zurückbauen lassen, obwohl seit dem Umbau zu Beginn der 50er-Jahre die Fensterstürze nur dünne, verputzte und teils wurmstichige Bretter waren. Und neue Fenster sollten grundsätzlich in sichtbar modern ausgeführt sein. Wir haben das Thema bei diesem Ortstermin nicht ausdiskutiert, um nicht die eigentlichen Ziele für 2011 zu verfehlen, die waren:

  • Rückbau des Kamins an der Ostgiebelwand
  • Rückbau Kammer in der oberen Tenne
  • Ausbau der Holzböden im Obergeschoß und des Steinbodens im Gang
  • Rückbau Badezimmer
  • Rückbau der neuzeitlichen Mauern und Betonböden im Erdgeschoß
  • vorbereitende Arbeiten zum Unterfangen aller historischen Mauern
2011 - Rückbau Obergeschoß

Gleich zu Beginn des Rückbaus entfernten wir die Wände der in der oberen Tenne wohl beim Besitzerwechsel 1905/07 eingebauten Kammer. Die Reichsformat-Vollziegel wurden geputzt und in den folgenden Jahren zum Ausmauern des Fachwerks wiederverwendet. Beim Ablassen der Deckenkonstruktion dieses Raumes mittels eines Kettenzuges kam es dann zum Unfall. Die Decke krachte unvermittelt komplett runter und warf den massiven Riegel-Türstock der Kammer um. Dieser Türstock traf meine Frau schwer an der rechten Schulter und schleuderte sie ins Schlafzimmer, wo sie mit der linken Wange aufschlug. Ein völlig überflüssiger Unfall, der heute immer noch nachwirkt.

So richtig weiter ging es dann erst wieder im Dezember. Der Minibagger passt gerade so durch die Haustür. Archäologische Untersuchungen waren sinnlos, da die Räume im Erdgeschoss bereits in den 70er Jahren einen Betonboden erhalten haben. Die entsprechenden Räume im Erdgeschoss sind 70 cm tief ausgebaggert worden.

2011 - Ausbau Holzböden und Entfernen Getreideabputz
2011 - Minibagger in der Stube

 


2012: Unterfangen der Fundamente, Dachstuhl, Fachwerk und Kalkplattendach

2012 - Sicherung Westgiebel durch Spanngurte

Die Fundamente aller historischen Mauern hat eine Ingolstädter Firma mit wenig Werkzeug und ebenso "viel" Erfahrung unterfangen. Die Anweisungen unserer Statikerin wurden komplett ignoriert und kurz vor Abschluss der Arbeiten wäre doch beinahe der Westgiebel eingefallen, weil sich die Stubenwand über Nacht um vier Zentimeter nach außen bewegt hatte. Nur durch Kettenzüge und Spanngurte konnten wir beim Ortstermin am nächsten Morgen Schlimmeres verhindern. Einige der 100 Besucher an unserem ersten Tag der offenen Tür am Pfingstsamstag 2012 können sich vielleicht noch an die Abspannungen in der Stube und Rußkuchl erinnern. Nun sind fünf im Mauerwerk des Westgiebels versenkte Eisenplatten mit Eisenstangen an den Deckenbalken befestigt und halten die Wand.

2012 - erster Tag der offenen Tür


2012 - Rekonstruktion von zwei Segmentbögen in der Stube


2012 - morsche Sparren an den Giebeln

Im Sommer war fast durchgängig der Zimmerer da, ein junger Bursche der Fa. Crusius mit großem Können, viel Ausdauer und auch Liebe zum Handwerk. Er ergänzte die abgefaulten Abschnitte mehrerer Deckenbalken, stückelte die Fachwerkständer an oder ersetzte sie komplett. Auch hat er am Ostgiebel und an den beiden Kniestöcken die fehlenden oder angefaulten Bereiche der Rähmbalken ersetzt und dabei fast alle Gefache aus der Erbauungszeit des Hauses halten können. Nur eines konnte nicht gehalten werden, da die angrenzende Strebe nicht mehr zum Retten war und ausgetauscht werden musste. Das Dach erhielt vier neue Sparren an den Giebeln und eine neue Firstpfette, deren zwei Teile durch einen Gerberstoss mit Eichenfeder verbunden sind. Zweiteilig deshalb, weil seit dem Wegfaulen des Rähmbalkens der Ostseite das Dach einen Buckel hat. Deshalb war auch die südliche Mittelpfette gebrochen und musste durch eine von oben eingesetzte Stahlplatte statisch repariert werden.

Die Dachschalung ist auf Sicht und besteht aus statischen Gründen aus einer dreischichtigen Massivholzplatte. Oberhalb der Platte sind die neuen Sparren, die das Vordach ausbilden, mit liegendem Querschnitt auf die historischen Sparren verschraubt. Dabei wurden Holzschrauben mit 48 cm Länge verwendet. Zwischen den Sparren isolieren 14 cm Steinwolle und oben drauf nochmals 6 cm Holzfaserplatten. Mit Konterlattung und Harnickel fürs Kalkplattendach sind Giebel und Traufen etwa 40 cm höher geworden.

Beim Dachdecken war dann ein Kamerateam des Bayerischen Rundfunks da und hat für die Sendung „La Vita“ einen kurzen Teil zum Beitrag über Naturstein aus dem Altmühltal gedreht, der Mitte Oktober im dritten Programm ausgestrahlt wurde.

Ende 2012, also schon nach nur einem Jahr Sanierung war der Bengel wieder Rohbau, diesmal deutlich stabiler als zur Erbauung 1745/46.

2012 - zweiteilige Firstpfette mit Gerberstoss und Eichenfeder


2012 - "schwebendes" Fachwerk am Ostgiebel



2013: Trockeneisstrahlen, Fenster und Kellergewölbe

Das zweite Jahr der Sanierung begann mit einem Highlight: Trockeneisstrahlen. Trockeneis ist festes Kohlendioxid, kälter als minus 78 °C. Wenn es bei Normaldruck wärmer als minus 78 °C wird, sublimiert es zu Gas. Es gibt also keine flüssige Phase wie bei Wasser, das bekanntlich zwischen 0°C und 100°C flüssig ist. Trockeneisstrahlen ist ein sehr innovatives Strahlverfahren, bei dem 3 mm große Trockeneispellets verstrahlt werden. Die Reinigungswirkung beruht hauptsächlich auf dem thermischen Effekt: die minus 78 °C kalten Pellets unterkühlen die zu entfernenden Schichten so stark, dass sie verspröden und abspringen. Die 760-fache Volumenvergrößerung beim Übergang von fest nach gasförmig sprengt zusätzlich den Staub aus tiefsten Ritzen. Unsere Jurahausregion ist hier von Vorteil, da man sich die Geräte in Neustadt a.D. ausleihen kann und dort auch das Trockeneis erhält. Alles was man noch braucht ist ein gewöhnlicher Baukompressor. Wir haben die Bohlen-Balken-Decke der Stube, die Deckenbalken, Fachwerk und das Rußkuchlgewölbe damit gestrahlt. Ich  schaute zwar hinterher aus wie S…, aber das Ergebnis entschädigte.

Zwingend für unseren Tag der offenen Tür am 18.05.2013 (auch wieder der Pfingstsamstag) brauchten wir noch Deckenbretter. Im Bad und in der Küche sollen die Bretter nur auf die Deckenbalken aufgenagelt werden, die Unterseite der Bretter ist damit auf Sicht. Weil eine gehobelte Oberfläche nicht passend wäre, haben wir uns für eine edel-antike Hackoptik entschieden, die eine Inzeller Firma anbietet. Mit deren neuartigen Bearbeitungsmethode sieht die Sichtseite der Bretter wie handgehackt aus. Das Besondere ist das völlig unregelmäßig verlaufende Muster der Oberfläche, das die maschinelle Bearbeitung nicht erkennen lässt.

2013 - Einbau der Deckenbretter


2013 - Untersicht Deckenbretter in Hackoptik, jetzt Küche


Der Tag der offenen Tür selbst war etwas enttäuschend. Es kamen nur 33 Personen, was dem Aufwand nicht rechtfertigte, besonders weil die Fa. Polar Trockeneisreinigung aus Neustadt a.D. einen Stand aufbaute und Vorführungen zum Trockeneisstrahlen gab. Schade, es sind eben nicht alle Jahre gleich.

Erfolgreicher dagegen war das nächsten Abstimmgespräch mit dem Landesamt für Denkmalpflege zu den Fenstern im Juni 2013. Neue Gebietsreferentin, neues Glück. Von wegen die 50er-Jahre Fenster so lassen und neue Fenster auf sichtbar modern … Hilfreich war hier sicher auch die Anwesenheit unseres Schreiners, der ein Musterfenster dabei hatte. Unser Sommerurlaub und die Ferien unserer Kinder waren dann durch Fensterstreichen bestimmt. Dreimal jeweils zwei Tage hintereinander „Urlaub beim Schreiner Pfab“ in Langenbruck und an den Trocknungstagen dazwischen haben wir die Fensteröffnungen entsprechend vorbereitet oder andere Löcher und Gefache zugemauert. Insgesamt hat unser Schreiner fünf vorhandene zweiflüglige Fenster zu Kastenfenster ergänzt und ebenso viele neu als Kastenfenster angefertigt, alle Ergänzungen und Neuanfertigungen sind in Eiche ausgeführt. Dabei wurden das Glas und die Beschläge der 50er-Jahre Fenster wiederverwendet. Sieben kleinen einflügligen Fenster und das Küchenfenster sind neu und nicht als Kastenfenster ausgeführt. Das Isolierglas ist nur 12 mm dick und die äußere Scheibe ist in „Restover light“ ausgeführt, das durch seine unregelmäßige Oberflächenstruktur und der unscharfen Reflexion für Denkmalfenster geeignet ist.

2013 - ausgebautes Rußkuchlfenster, Inneseite


2013 - Urlaub beim Schreiner Pfab in Langenbruck


2013 - Armierung und Schalung Kellergewölbe vor Betonieren mit Leichtbeton

Im Herbst nahmen wir uns den ruinösen Außenkeller vor. Ursprünglich nur in Form eines flachen Satteldaches mit Kalkplatten auf einer Lehmaufschüttung abgedeckt, wurde irgendwann die nächste Lage Kalkplatten als Pultdach ausgeführt, das mit jeder Renovierung steiler und höher zum Nachbarn wurde. Zum Schluss drückten auf die grenzständige Gewölbehälfte etwa 1 m Kalkplatten und verformten es bedrohlich. Wir haben das Gewölbe innen abgestützt und dann ca. 14 m³ Kalkplatten und etwa 9 m³ Lehm bei nur 23 m² Grundfläche abgeräumt, die Steinfugen abschnittsweise ausgekratzt, ausgesaugt und mit Kalkmörtel verfüllt. Es folgte eine Schalung aus Betonsteinen, die mit der offenen Seite nach innen vermauert wurden, damit sie beim Betonieren volllaufen können und eingegossen sind. Betoniert haben wir mit Leichtbeton, zuerst nur die Gewölbekappen und eine Woche später über alles noch eine Betonplatte gegossen. Sieben aufeinander folgende Wochenenden Arbeit und das Gewölbe ist nun ebenfalls stabil.  


2014/2015 Heizung und Lüftungsanlage, Bodenaufbau Erdgeschoß und Beginn Außenputz

2014 - Regenwasserzisterne

Schwerpunkt des dritten und vierten Jahres der Bengel-Sanierung waren Heizung und Bodenaufbau im Erdgeschoss. Wir haben uns für eine Pelletheizung entschieden, die von einer 16 m² großen Solaranlage auf dem Stadeldach unterstützt wird. Unter Mithilfe eines selbstständigen Maurermeisters entstand der Heizraum im Obergeschoss des Stadels. Für Toilettenspülung und Gartenbewässerung ist zwischen Haus und Stadel noch eine 7.000 l große Regenwasserzisterne versenkt. Die Mitarbeiter unseres Heizungsbauers verlegte eine Fernwärmeleitung in den Technikraum des Hauses mit je einen Heizkreis für Bodenheizung bzw. Wandheizung sowie eine Warmwasserzirkulationsleitung. Die Wandheizung besteht aus zwei Registern, der Bauteiltemperierung und der eigentlichen Wandheizung. Durch Abdrehen des Wandheizungsregisters kann den ganzen Sommer über die Bauteiltemperierung im Sockelbereich der Erdgeschosswände durchlaufen, ausschließlich durch die Solaranlage auf dem Stadeldach „befeuert“.

2014 - Wandheizung mit bereits verputzter Bauteiltemperierung im Sockelbereich

Weil wir das Haus als Ferienhaus vermieten und es somit nicht täglich gelüftet werden kann, ist auch ein zentrale Lüftungsanlage im Gewölbekeller verbaut. Einzigartig an unserer Anlage ist der Abluftanschluss im deutschen Kamin. Normalerweise saugen zentrale Lüftungsanlagen nur im Bad und in der Küche ab, bei uns ist zusätzlich der deutsche Kamin angeschlossen, damit es in der Rußkuchl und dem angrenzenden Kammerl weniger nach Ruß riecht.

Unser Häuschen hat keine betonierte Bodenplatte im Erdgeschoss. Dies wäre auch völlig überflüssig gewesen. Eine Betonplatte „verbraucht“ nur Bauhöhe, die vorher erst mühsam ausgegraben werden muss. Auch bringt es fast keine statischen Vorteile mehr, da der Bengel seit dem Unterfangen eh auf Streifenfundamente steht. Trotzdem ist eine ebene Fläche notwendig, auf die der Heizungsbauer die Installationsleitungen und Lüftungsrohre verschrauben kann. Bei uns ist diese eine 3 – 5 cm dicke Sauberkeitsschicht auf etwa 40 cm verdichtetem Glasschaumschotter, ein Material, das sowohl kapillarbrechend als auch isolierend wirkt. Den weiteren regelkonformen Aufbau bis einschließlich Estrich führte ein Fachbetrieb aus. Endlich ging man nicht mehr einen halben Meter nach unten, wenn man das Haus betrat.

2014 - Einbau Glasschaumschotter in der Stube



2014 - fast alle Fensteröffnungen hergestellt

 

2015 - hier war im Urzustand der Sicherungskasten

Ganz nebenbei sind 2014 auch die Fensteröffnungen fertig geworden, so dass im Juli fast alle der im Sommerurlaub zuvor gestrichenen Fenster eingebaut werden konnten. Jetzt hat unser Häuschen wieder  wunderschöne "Augen" oder hat es vielleicht sogar seine "Seele" zurückerhalten.

2014 - Rückbau dreiteiliges Fenster im zukünftigen Bad

Im Herbst 2015 begann Firma Schiebel aus Gaimersheim mit den Außenputz. Zur Abstimmung mit der unteren Denkmalschutzbehörde entstand eine Musterfläche, an der verschiedene Feinputze dargestellt waren und ein sehr feiner mit 0,6 mm Körnung festgelegt wurde. Der Grundputz außen ist ein denkmalgerechter, rein mineralischer Isolierputz auf Kalk-Trass-Basis etwa 6 cm dick aufgetragen. Damit die Fenster außen eine normale Laibungstiefe haben, sind diese bündig zur ursprünglichen Putzfläche gesetzt worden.

Bei unserem dritten Tag der offenen Tür am Kirchweihsonntag 2015 war der Bengel bereits eingerüstet. Es waren damals knapp 300 Leute da, manchmal bis zu 40 Personen gleichzeitig im Haus.


2016: Außenputz fertig und Keller ausgraben/unterfangen

Da man mit Kalk-Trass-Putzen nicht bis in den Dezember hinein verputzen kann und die Firma wichtigere Verpflichtungen im Frühjahr hatte, war der Feinputz erst im Juni 2016 fertig. Das Gerüst stand 32 Wochen. Für die Mietkosten hätte wir es auch fast selbst kaufen können. Sobald das Gerüst abgebaut war, hängten wir die Fensterläden ein… Der Bengel ist auch ohne Farbanstrich jetzt schon ein Hingucker.

Nach der statischen Sicherung des Kellergewölbes im Herbst 2013 begannen wir im Frühjahr 2016 mit den Kellerfundamenten. Außen haben wir abschnittsweise 1,7 m tief gegraben, den Lehm aus den Fugen der Feldsteinmauer gekratzt, eingeschalt und mit wasserundurchlässigem Beton 20 cm dran betoniert. Völlig unzureichend war die vorhandene Raumhöhe des Kellers. Weil man nur in der Gewölbemitte stehen konnte, wollten wir das neue Bodenniveau um zwei Treppenstufen tiefer machen. Für eine kapillarbrechende Schicht aus Schotter und den sonst noch nötigen Höhen eines isolierten Bodenaufbaus mit Bodenheizung und Steinbelag haben wir den Keller innen um einen Meter ausgegraben. Das war zwar anstrengend, funktionierte aber mit dem geliehenen Förderband perfekt. Dabei sind in Verlängerung der Treppe zwei weitere Stufen und vereinzelt Steinplatten des bauzeitlichen Kellerboden hervorgekommen. Der Keller war also ursprünglich so tief wie wir ihn haben möchten. Mit dem neuen Bodenniveau ist damit die bauzeitliche Raumhöhe des Kellers wiederhergestellt.

In einem etwa 40 cm tiefen Wasserschöpfloch, das beim Ausgraben entdeckt wurde, befand sich ein zerbrochener Krug, den meine Frau Sabina wieder zusammengeklebt hat. Eindringendes Wasser, das man nicht ständig abschöpfen wollten, war wohl der Grund fürs Auffüllen des Kellers. Wir haben zukünftig auch wieder ein Wasserschöpfloch aber komfortabler mit Tauchpumpe.

Der Gewölbekeller soll in diesem Jahr als zusätzlicher Wohnraum ausgebaut werden. Deshalb gibt es im Sockelbereich und den Außenecken eine Bauteiltemperierung, beheizt wird zusätzlich durch eine Bodenheizung.

2016 - Ausgraben Keller mit Förderband


2016 - Krug aus Wasserschöpfloch im Keller


2016 - Keller innen nach dem Unterfangen


2017: Innenputz und Holz- und Steinböden

2017 - Ausbau Treppe

Wer schon mal ein Haus gebaut oder saniert hat, kennt dies bestimmt auch. Anfangs gibt es viele, teils spektakuläre Aktionen bei der Sanierung, aber dann … Man arbeitet und arbeitet und sieht eigentlich keinen Fortschritt. Genauso erging es uns 2017 und auch 2018. Die ganzen Vorüberlegungen und -arbeiten bis endlich der Verputzer innen anfangen konnte dauerten gefühlt eine Ewigkeit. Wo kommen Lichtschalter hin, wo Steckdosen? Wo sind sie Aufputz auf einem Fachwerkbalken, wo Unterputz? Es ist ein Baudenkmal, deshalb ja keine Steckdose oder keinen Schalter zu viel, aber auch keine Position vergessen. Wie führt man die Leerrohre, damit man keine Fachwerkbalken kreuzt? Was bleibt als Zeitfenster sichtbar, was kann überputzt werden? Die Fensterbänke aus Holz fehlen auch noch … und die Treppe muss auch noch ausgebaut werden. Im Juni gings dann los. Unser Sohn Matthias hatte gerade die Fachoberschule abgeschlossen und bis zum Beginn seiner Bauzeichnerlehre frei. Er arbeitete als Handlanger beim Verputzen mit. Anfang September konnten die Balken und Fenster wieder ausgepackt werden. Kalk-Trass-Putze dauern eben etwas länger. Was war das für eine Veränderung, so hell und weiß!

2017 - Holzböden und Treppe beim Entwurmen

Zwischenzeitlich haben wir die im August 2011 ausgebauten und nummerierten Holzböden zur Trocknung und Holzwurmbekämpfung zum Bubenrother Sägewerk gebracht. Unser zweiter Schreiner Deinhart, der dort auch seine Werkstatt hat, hat uns diesen Tipp gegeben. Fünf Wochen später haben wir sie entwurmt abgeholt und der Schreiner hat sie entsprechend der Nummerierung auf neue Lager eingebaut.




Beim vierten Tag der offenen Tür am Kirchweihsonntag 2017 konnten wir wieder 300 Personen zählen. Die Hütte war voll wie zwei Jahre zuvor.

2017 - Aufarbeiten der Steinböden, Entfernen der PVC-Kleberreste

Auch der alte Jurasteinboden im Hausgang ist im Herbst 2011 vor dem Ausbaggern ausgebaut und im Stadel eingelagert worden. Leider hatte die letzte Eigentümerfamilie in den 70er-Jahren einen PVC-Boden draufkleben lassen und der musste vor Einbau wieder entfernt werden. Wir konnten uns vom Steinmetz Alexander Böhm aus Möckenlohe eine langsam laufende Flex mit Wasseranschluss und entsprechenden Bürstentöpfen ausleihen. Damit haben wir die Kleberreste entfernen und auch die Steine wieder aufpolieren können. Die alten Steinplatten für Küche, Bad und Technikraum fanden wir über ein Inserat. Auch diese hatten Mörtelreste dran und mussten ebenfalls aufpoliert werden, für einen frostigen Dezember nicht unbedingt die angenehmste Arbeit, wenn einem die Handschuhe an der Flex festfrieren. Rechtzeitig vor Weihnachten hat Alexander Böhm noch in Gang und Küche den Juramarmor verlegt. Bad und Technikraum wurden im Sommer 2019 gemacht.

Am Ende des sechsten Sanierungsjahres ist es innen schon richtig gemütlich. Wir feierten Sylvester beim Bengel, nachdem vor Weihnachten noch mehrere restaurierte Möbel geliefert wurden.


2018: Außenfarbe und Küche

Was haben wir eigentlich das ganze Jahr gemacht? Ach ja, da waren doch noch jeweils zehn Gefache zwischen Sparren, Sichtschalung und den Fußpfetten, die aus Zeitgründen vor dem Innenputz nicht mehr ausgemauert werden konnten, also Abkleben, Steineschneiden mit der Flex, Mauern und selbst Verputzen von zwanzig kleinen Rechtecken: Henalochmaura (altbairisch für Hühnerlochmaurer).

Ende April war die Abstimmung der Außenfarben mit dem Landesamt und schon wieder ein neuer Gebietsreferent. Wir wollten und bekamen ohne jegliche Diskussion die nachweisbar zweite Farbfassung des Hauses, dokumentiert an einem Zeitfenster auf der Nordseite. Ein paar Tage zuvor hatte der von uns beauftragte Restaurator, der auch Mitglied im Jurahausverein war, eine Musterfläche angelegt, die sofort den Vorstellungen der Denkmalbehörden entsprochen hat. Schon drei Wochen später haben wir das Gerüst wieder abbauen können. Außen ist nun der Bengel fertig. Die Malerarbeiten für innen haben wir für den Zeitraum November und Dezember 2018 an denselben Restaurator vorgeben. Man muss nicht immer alles selbst machen, sonst wird man nie fertig…

Welche Art von Küche passt in dieses Baudenkmal? Was braucht eine Küche wirklich und auf was kann verzichtet werden? Eher im IKEA-Style oder doch konservativ vom Küchenstudio? Sabina und ich haben uns für ein Eichstätter Küchenstudio entschieden. Eine einfache Küchenzeile ohne Hängeschränke sollte bis Ende November montiert werden. Bis dahin musste die Elektrik fertig sein und auch unser Maler/Restaurator wenigstens die Küche geweißelt haben.

Die Elektroinstallation ist termingerecht fertig geworden. Wir haben schwarze Bakelit-Drehlichtschalter, davon viele in Aufputz. Schwarz-matt lackierten Kupferrohre als Installationsrohre für die Zuleitung sind von uns selbst entsprechend den Schalterpositionen abgelängt und lackiert worden.

Doch dann der Schock Anfang November 2018. Unser Maler und Restaurator, mit dem ich mich noch etwa 10 Tage zuvor über das Weißeln der Küche abgestimmt habe, ist auf tragische Weise verstorben. Was nun, doch selbst weißeln? Im „Familienrat“ haben wir dann beschlossen, nicht nur die Küche, sondern das ganze Haus innen selbst zu weißeln. Die bestellte wässrig-saure Lösung von Fluorokieselsäure (zur Ätzung von Kalksinterschichten auf neuen Kalkputzen), das Kasein als Grundierung und die Sumpfkalkfarbe waren schnell im Internet bestellt und kamen noch rechtzeitig, so dass fristgerecht zum abgesprochenen Montagetermin die Küche geweißelt war.

2018 - Treppengeländer mit Kinderschutztür

Zwischen den Jahren 2018/2019 entstand das Treppengeländer incl. schwenkbarem Treppenschutzgitter. Entworfen von meiner Frau und mir hat es unter Mithilfe von Matthias und mir mein Vater geschweißt. In der Form ein sehr schlichtes Eisengeländer aus 12er Rundeisen mit 20 mm dickem Handlauf, wobei das Ausgangsmaterial geschmiedetes Rundeisen ist.


2019: Weißeln innen und Endspurt zum fünften Tag der offenen Tür

Jetzt haben wir richtig Druck! Seit Jahresanfang stand auf der Homepage des Jurahausvereins, dass wir am 22.September ein fertig eingerichtetes Ferienhaus bei unserem fünften Tag der offenen Tür präsentieren werden. Dieser optimistische Text stammte von uns selbst. Nicht weiter schlimm, steht ja nur im Internet. Und wenn wir die versprochene Fertigstellung nicht erreichen, können wir während des Jahres den Internettext entsprechend anpassen lassen, so unsere Überlegungen. Doch dann erschien das „Gmoabladl März 2019“ der Gemeinde Hitzhofen. Darin stand wortwörtlich der Text aus dem Internet, gedruckt und verteilt in ganz Hofstetten und Hitzhofen! Jetzt mussten wir liefern, es gab kein Zurück mehr.

Den Zeitaufwand fürs Weißeln haben wir völlig unterschätzt, das Abkleben der vielen Balken hat sehr, sehr viel Zeit benötigt. Erst danach konnte unser Schreiner die Holzböden abschleifen und wachsen, zwei Wochen vorm Tag der offenen Tür. Möbliert haben wir eine Woche vorher.

2019 - Weißeln mit Sumpfkalkfarbe, hier im Kaminzimmer


2019 - Abkleben Fachwerk vor dem Weißeln


Auch außen gab es noch viel zu tun: Das weit innen in der Laibung sitzende Kellerfenster erhielt ein vorgesetztes außenwandbündiges Eisenfenster. Die Kelleraußenwände und die hofseitige Stadelwand verputzte wieder Fa. Schiebel. Stadeltür und Stadeltor waren nach sechs Jahrzehnten dringend zu reparieren. Pflasterarbeiten, Erdreich auffüllen, …

Endlich ist der Bengel fertig, naja fast, denn fertig ist man eigentlich nie.  Am fünften Tag der offenen Tür besuchten uns knapp 100 Leute, gerade recht für ein möbliertes Haus. Nach zwei Vorträgen von mir hatten wir ein paar gute Gespräche mit sanierungswilligen Jurahausbesitzern und auch Schreiner Pfab war mit einem Stand vertreten.

2019 - neuer Verputz an der Nordseite des Stadel
2019 - noch unverglastes Stahlfenster am Keller vor dem Verputzen


2019 - Wiedereinbau der reparierten Milchkammertür, jetzt Fahrradgarage
2019 - Anlegen Schotterstreifen und Blühfäche an der Nordseite



Fazit

Rückblickend steckt viel „Freizeit“ der letzten 8 Jahre in der Bengel-Baustelle. Besonders der Sommer 2019 war heftig, aber so geht es doch fast allen Häuslebauern mit fixem Fertigstellungstermin, unabhängig ob Denkmal oder Neubau.  

Damit endet ein achtjähriges Familienabenteuer. Unsere Kinder sind dabei groß geworden und haben sich nicht nur handwerklich weiterentwickelt. Wir würden es wieder mit so viel Eigenleistung angehen. Ein Dank auch an unsere Helfer in der Familie.

Mich dagegen plagt ein schlechtes Gewissen: Der Rosenstrauß für meine Frau Sabina vor 15 Jahren hätte viel, viel größer sein müssen!

Christian Meixner im Januar 2020